Hans Hekler Lauterbach |
Emma Guntz: Späte Widmung |
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Im Sommer 2009 erschien ein weiterer Lyrikband von
Emma Guntz, Späte Widmung, den sie selbst
als ihr "letztes Buch" bezeichnet. |
Dinge, die sich festhaken Die Rheinpfalz No. 178 vom 4.8.2009 |
INTERVIEW: Die frühere Deidesheimer Turmschreiberin Emma Guntz über ihren neuen Gedichtband, der ihr letzter sein soll |
STRASSBURG/DEIDESHEIM. Einen ausgesprochen
disziplinierten, fast könnte man sagen:
zuchtvollen Eindruck macht der gerade
herausgekommene, ansprechend bibliophil gestaltete
neue Gedichtband der früheren Deidesheimer
Turmschreiberin Emma Guntz, der - nach eigener
Aussage - ganz bewusst auch ihr letzter sein soll.
Mit der literarischen Grenzgängerin zwischen
Deutschland und Frankreich, deren Geschichten man
auch in der RHEINPFALZ lesen konnte, sprach Gabriele
Weingartner. Frau Guntz, "Späte Widmung" heißt Ihr neuer Gedichtband. Was bedeutet "spät" in diesem Zusammenhang? Halten Sie Rückschau? Ziehen Sie ein Resümee? Eher eine Bestandsaufnahme, eine Auswahl. Von Erinnerungen, Eindrücken, Gefühlen, die nicht verloren gehen und zum Abruf bereit stehen sollen. Bevor es zu spät ist... In der Tat versammelt Ihr Gedichtband vieles, was Ihnen eindrücklich und wert war, in Worten festgehalten zu werden. Menschen, Pflanzen, Tiere, Bilder, teilweise minutiös beobachtet, immer streng reduziert, niemals larmoyant, obwohl der Grundton der Gedichte melancholisch ist. Verraten Sie uns, wie so ein Gedicht entsteht! Spontan? In einem längeren Prozess? Es gibt Dinge, Situationen, die sich festhaken. Die ans Licht, ins Wort gebracht werden wollen. Die einen nicht loslassen. Manchmal ist da eine erste Zeile. Ein erster Ausdruck. Die im Kopf herumschwirren. Andere Puzzleteile kommen dazu. Dann muss das Mündliche dem Schreiben standhalten. Und da beginnt die eigentliche Arbeit mit der Sprache, die dem Empfundenen gerecht werden muss. Selten gibt es bei Ihnen ein "lyrisches Ich", wie man in der Fachsprache sagt, dafür aber sehr häufig eine "lyrische Sie". Als Leser hat man aber schon den Eindruck, dass es sich um dieselbe Person handelt. Ist der Gebrauch unterschiedlicher Pronomen eine bewusste Entscheidung? Das "Sie" bezeichnet in manchen Texten eine andere, mir mehr oder weniger nahestehende Person, mit der ich mich aber identifizieren könnte. Eine Art von "alter ego". Oft verberge ich mich aber selbst unter dem Deckmantel der "Sie". Wenn mir das "Ich" allzu entblößend scheint. |
Obwohl Ihr Buch in Sinnabschnitte gegliedert
ist, haben Ihre Gedichte weder Titel noch
Zeichensetzung, was einen fast grenzenlosen
Assoziationsraum eröffnet. Ist das Absicht?
Wollen Sie gar nicht eindeutig verstanden
werden? Ich versuche, meine Texte so offen
wie möglich zu halten. Damit der Leser Eigenes
einbringen kann. Gedichte können niemals
eindeutig verstanden werden, das ist ihr Wesen. Gewiss mussten Sie vor der Veröffentlichung Ihres Bandes eine Auswahl aus vielen Gedichten treffen. Was waren Ihre Kriterien? Die Qualität? Das Thema? Die Leser? Es stimmt, dass ich gnadenlos ausgesiebt habe und keinen Text durchgehen ließ, der meine Kriterien von Klarheit, Knappheit und Stimmigkeit nicht erfüllte. Und da war auch das Thema " Späte Widmung", das manche anders orientierte, gelungene Texte ausschloss. Die poetische Umsetzung Ihrer Nähe zu Pflanzen und Tieren ist sehr eindrucksvoll, gerade weil Naturlyrik so selten geworden ist und sich nach Rilkes "Panther" ohnehin keiner mehr traut, über Tiere zu schreiben. Trotzdem: Gibt es Vorbilder? Und: "Darf" man denn heutzutage überhaupt noch über Kirschblüten und Katzen schreiben? Es hieß, das man nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben könne, dürfe. Und da waren zeitgleich Paul Celan, Nelly Sachs, Rose Ausländer... Kirschblüten und Katzen sind unvergänglich, seit/solange es Jahreszeiten und Tiere gibt. Und Menschen, die sich über Schönheit und Anmut freuen können. Ohne Pathos und Sentimentalität. "Gedichte sind Balsam auf Unstillbares im Leben", lässt Christa Wolf in "Kein Ort Nirgends" ihre Karoline von Günderrode sagen. Zwischen der humorvollen Erzählerin und der bisweilen recht bissigen Kolumnenschreiberin Guntz und der Lyrikerin Guntz klafft ein riesiger Unterschied. Ist die Poesie Ihr Refugium? Jedes Ding zu seiner Zeit. Ich betrachte die Kolumnen und das kleine Feuilleton als "Eintagsfliegen". Ich schreibe sie meist mit Vergnügen und feile an der Formulierung. Doch sind sie oft zu zeitbezogen, um einem Wiederlesen oder Weiterleben standzuhalten. Die lyrischen Texte werden (von mir) mit einem anderen Maßstab gemessen. Sie sollten zeitlos sein, und die Sprache muss eng mit dem Bild, mit dem Gefühl übereinstimmen, dem ich Ausdruck verleihen will. |
LESEZEICHEN Emma Guntz: "Späte Widmung". Drey- Verlag, Villingen-Schwenningen, 72 Seiten, 17 Euro. (gaw) |
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Besprechung von Gabriele Weingartner hier |